Für den ein oder anderen mag es sich vielleicht “unmathematisch” erscheinen, wenn man durch Probieren Gleichungen oder Probleme löst, aber auch Probieren hat seine Berechtigung. Denn auch ausprobieren, will gekonnt sein. Die Kunst des “Probierens” besteht darin nicht wahllos irgendwelche Sachen auszuprobieren, sondern durch geschicktes Erproben dem Ergebnis auf die Spur zu kommen.
Gerade bei sehr komplizierten Aufgaben wird gerne mal ausprobiert um einen ersten Eindruck zu gewinnen. Natürlich ist es unwahrscheinlich direkt beim ersten mal die Lösung eines Problems zu erraten, aber auch fehlerhafte Ergebnisse können nützliche Hinweise auf dem weg zur korrekten Lösung sein.
Wir wollen das “Lösen durch Probieren” jedoch eher als Einstieg betrachten um so lineare Gleichungen besser kennen zu lernen und einfache lineare Gleichungen dadurch lösen zu können. Außerdem wollen wir dir beibringen, wie du clever “ausprobierst” um so Zeit zu sparen und sicher an die Lösung zu kommen.
Bist du nicht auf der Suche nach Erklärungen sondern nach Aufgaben zum Üben? Dann springe gleich zu unserem Aufgabengenerator und drucke dir kostenlos so viele Übungsblätter als PDF 📃 aus wie du rechnen kannst.
Voraussetzungen zum Lösen von linearen Gleichungen durch Probieren - Das solltest du können
Um lineare Gleichungen durch Probieren zu lösen, brauchst du kaum Vorwissen. Das ist auch ein Vorteil dieses Ansatzes, denn er ist sehr simpel. Solltest du mit einem der Themen jedoch noch Schwierigkeiten haben, findest du auf unserer Seite nützliche Informationen dazu und du kannst dir über unseren Aufgabengenerator natürlich kostenlos so viele Übungsaufgaben ausdrucken wie du rechnen kannst.
Dividieren und Multiplizieren im Kopf
Grundschule (3. und 4. Klasse)
Um lineare Gleichungen durch Probieren lösen zu können, solltest du sicher beim Dividieren und Multiplizieren im Kopf sein
Lineare Gleichungen
Weiterführende Schulen (7. Klasse)
Damit du lineare Gleichungen lösen kannst, solltest du verstehen, was das überhaupt ist. Hier findest du eine umfangreiche Einführung in die Welt der linearen Gleichungen. 😀
Lineare Gleichungen durch Probieren lösen - Beispiel
Lasst uns ein Beispiel angucken, um zu verstehen, wie man gezieltes Probieren nutzen kann um lineare Gleichungen zu lösen. Gesucht ist die Lösung der folgenden linearen Gleichung:
13x+2=−3x+66
Diese lineare Gleichung ist bereits ziemlich knifflig denn unsere Variable x kommt auf beiden Seiten der Gleichung vor. Allerdings haben wir als Hinweis zu der Aufgabe bekommen, dass unsere Variable x eine natürliche Zahl ist. Dies ist ein ziemlich hilfreicher Tipp, denn es schränkt die möglichen Lösungswerte für x stark ein. Wir wissen jetzt bereits, dass x eine ganze Zahl ist und außerdem größer als Null! ✌️ Solche Gleichungen können zwar nach Schema gelöst werden, wir wollen diese Gleichung jedoch durch geschicktes ausprobieren knacken. Dazu setzen wir unterschiedliche Werte für x ein und schauen was mit dem Wert der Gleichung passiert.
Schritt 1: Beliebige mögliche Zahl für x einsetzen 👈
Im ersten Schritt ist es relativ egal welche Zahl wir für unsere Variable x einsetzen, denn wir haben ja noch keine zusätzlichen Informationen durch vorheriges ausprobieren erlangt. Unsere eingesetzte Zahl sollte jedoch eine mögliche Lösung für die Gleichung sein. Da wir durch den Hinweis bereits wissen, dass x∈N gilt, sollten wir auch eine natürliche Zahl wählen.
Wir setzen als erstes x=2 in die Gleichung ein und schauen, was passiert. Wir erhalten:
x
13x+2=
-3x +66=
Fazit
2
28
60
?
Einsetzen ergibt, dass die linke Seite der Gleichung einen deutlich geringeren Wert hat, als die rechte Seite der Gleichung. Doch was heißt das jetzt?
Auf der linken Seite der Gleichung kommt x mit Faktor “+13” vor, auf der rechten Seite mit “-3”. Je größer wir x wählen, desto größer wird also die linke Seite der Gleichung. Auf der rechten Seite der Gleichung ist es nicht so, dort wird der Wert kleiner, je größer x wird. Da der Wert der linken Seite der Gleichung kleiner ist, als der Wert der rechten Seite der Gleichung für x=2, haben wir x anscheinend zu klein gewählt.
x
13x+2=
-3x +66=
Fazit
2
28
60
x zu klein
Schritt 2: Zahl für x mit Hilfe vorheriger Informationen einsetzen 👈
Auch wenn wir im vorherigen Schritt nicht die Lösung der Gleichung gefunden haben, so haben wir doch wichtige Informationen gesammelt. Der Wert für x der die Gleichung löst, muss nämlich größer als 2 sein.
Lass uns also eine größere Zahl ausprobieren, zum Beispiel x=10. Wir setzen x=10 nun wieder auf beiden Seiten der Gleichung ein und erhalten somit:
x
13x+2=
-3x +66=
Fazit
2
28
60
x zu klein
10
132
36
?
Wieder geht unsere Probe nicht auf. Diesmal ist jedoch die linke Seite der Gleichung größer als die rechte seite. Wieder müssen wir uns die Frage stellen, was das bedeutet. Unsere Überlegung ist dabei genau wie im vorherigen Schritt. Auf der linken Seite der Gleichung geht x positiv mit Faktor “13” ein, auf der rechten negativ mit Faktor “3”. Ist die linke Seite also größer als die rechte Seite, haben wir x zu groß gewählt.
x
13x+2=
-3x +66=
Fazit
2
28
60
x zu klein
10
132
36
x zu groß
Schritt 3: Schritt 2 wiederholen bis die Probe stimmt 👈
Vermeintlich waren die ersten beiden Versuche eine Lösung zu “Erraten” Fehlschläge doch in Wahrheit sind wir der Lösung bereits sehr nah. Statt am Anfang noch alle natürlichen Zahlen für die Wahl von x zur Verfügung zu haben, wissen wir bereits nach nur zwei Schritten, dass x größer als 2 und kleiner als 10 sein muss. Es muss also wegen des Hinweises, dass x eine natürliche Zahl ist, 3≤x≤9,x∈N gelten. Statt anfänglich unendlich vielen Optionen für unsere Variable x (es gibt ja unendlich viele natürliche Zahlen), haben wir die Zahl der Möglichkeiten nach nur zweimal ausprobieren auf 7 reduziert! 💪
Als nächstes probieren wir also eine ganze Zahl zwischen 3 und 9 aus. Ist es egal welche Zahl wir jetzt für x einsetzen? Im Prinzip schon, denn wir brauchen im schlimmsten Fall ja nur noch 7 Versuche bis unsere Probe aufgeht und wir die Lösung kennen. Allerdings ist es geschickter einer Zahl aus der Mitte der Lösungsmöglichkeiten zu wählen, da wir so die Anzahl der verbleibenden Möglichkeiten am stärksten reduziert wird, sollte die Probe fehlerhaft sein. Würden wir zum Beispiel x=9 einsetzen und die Gleichung geht nicht auf, wissen wir im nächsten Schritt nur das 3≤x≤8,x∈N gelten muss. Es bleiben also 6 Möglichkeiten für x übrig. Setzen wir stattdessen x=6 ein und die Probe schlägt fehl, erhalten wir abhängig vom Ausgang der Probe 3≤x≤5,x∈N oder 7≤x≤9,x∈N als verbleibende Möglichkeiten. In jedem Fall also nur noch 3 Möglichkeiten. Wenn du allerdings bereits einen Verdacht hast, was die Lösung ist, kannst du natürlich auch erstmal deinem Instinkt folgen. 😉
Wir haben keinen Verdacht und setzen aus diesem Grund x=6 in die Gleichung ein und erhalten:
x
13x+2=
-3x +66=
Fazit
2
28
60
x zu klein
10
132
36
x zu groß
6
80
48
?
Die linke Seite der Gleichung ist also größer als die rechte Seite der Gleichung. Mittlerweile wissen wir, was das heißt: x ist zu groß.
x
13x+2=
-3x +66=
Fazit
2
28
60
x zu klein
10
132
36
x zu groß
6
80
48
x zu groß
Nun bleiben uns nur noch drei Möglichkeiten für die Wahl von unserer Variable x, sodass die Gleichung erfüllt ist: x ist entweder 3,4 oder 5. Wir testen wieder die mittlere Zahl, also 4 und erhalten:
x
13x+2=
-3x +66=
Fazit
2
28
60
x zu klein
10
132
36
x zu groß
6
80
48
x zu groß
4
54
54
?
Nun stimmen linke und rechte Seite der Gleichung überein. Das Fazit dürfte somit klar sein: x=4 löst die Gleichung!
x
13x+2=
-3x +66=
Fazit
2
28
60
x zu klein
10
132
36
x zu groß
6
80
48
x zu groß
4
54
54
x korrekt
Alleine durch das gezielte Ausprobieren von Zahlen ist es uns gelungen, die lineare Gleichung zu lösen und brauchten dazu gerade einmal 4 Anläufe. Die Strategie des “Probierens” ist also gar nicht so schlecht, wenn man clever vorgeht.
Es gibt allerdings auch einen Nachteil, was auch der Grund dafür ist, dass man lineare Gleichungen (oder ganz allgemein Gleichungen) meist rechnerisch löst. In der Regel gibt es nämlich keine Einschränkungen für die Variable x. Dann gilt x∈Q und es gibt sehr viel mehr Möglichkeiten für die Wahl von x. Insbesondere muss die Variable nicht mehr ganzzahlig sein, somit kommen auch Dezimalzahlen bzw. Brüche für die Wahl von x in Frage. Das Lösen durch Probieren kann dann sehr mühselig werden. Zwar kann man nach jedem Schritt die Möglichkeiten für x einschränken, aber selbst wenn man weiß, dass 1≤x≤2 gilt, gibt es immer noch unendlich viele Möglichkeiten und die alle aus zu probieren kann sehr lange dauern.😓 Daher ist es sinnvoll sich mit dem Lösen von linearen Gleichungen durch Äquivalenzumformungen zu beschäftigen und so definitiv jede lineare Gleichung lösen zu können.
Fragen und Antworten
Was ist der Vorteil vom Lösen von linearen Gleichungen durch Probieren?
Man erhält sehr schnell einen guten Eindruck, wie groß die gesuchte Variable in etwa ist.
Was ist der Nachteil vom Lösen von linearen Gleichungen durch Probieren?
Die konkrete Lösung allein durch Probieren heraus zu finden, kann sehr lange dauern.
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